Energiepolitischer Irrweg: RWE warnt neue Bundesregierung vor Klima- und Energiepolitik - keine sinkenden Strompreise durch mehr Kohlekraftwerke
© Adobe StockBerlin - Die Arbeitsgruppe Klima und Energie hat im Rahmen der Koalitionsverhandlungen zwischen CDU und SPD in der letzten Woche die finale Version eines Ergebnispapiers beschlossen. Energie- und Wirtschaftsverbände sehen in dem Papier Licht und Schatten. Harsche Kritik an Teilen des Papieres kommt wegen der geplanten Rückkehr von Kohlekraftwerken vom Energiekonzern RWE.
In dem Papier der AG Klima und Energie wird grundsätzlich das Ziel formuliert, bis zum Jahr 2045 den Status der Klimaneutralität durch CO2-Minderung und EE-Ausbau zu erreichen. Für den Kohleausstieg soll das Jahr 2038 gelten. Zur Vermeidung von Versorgungsengpässen soll der Einsatz von fossil befeuerten Reservekraftwerken auch zur Stabilisierung des Strompreises möglich sein. Hintergrund ist offenbar eine unzutreffende Annahme der Arbeitsgruppe, dass allein schon ein höheres Angebot an Kohlestrom vermeintlich einen strompreissenkenden Effekt hat.
Energiepolitischer Irrweg: RWE warnt neue Bundesregierung vor Rückkehr alter Kraftwerke aus der Reserve
Insbesondere die Rückkehr alter Kraftwerke an den Strommarkt stößt nach einem Bericht des Spiegels beim Energiekonzern RWE auf heftige Kritik. Der Spiegel zitiert in dem Zusammenhang aus einem internen, dem Nachrichtenmagazin vorliegenden RWE-Papier. Der Energiekonzern warnt demnach davor, dass es sich bei der Rückkehr alter Kraftwerke aus der Reserve um einen Irrweg handelt. Alte Kraftwerke, die über Jahre in der Reserve alimentiert wurden, würden nach den Plänen der AG Energie und Klima neue Batterien und flexiblere Kraftwerke aus dem Markt drängen, obwohl gerade diese für einen Strommarkt mit dominierenden erneuerbaren Energien essenziell seien, befürchtet RWE.
Zudem sieht RWE nach dem Bericht des Spiegels einen kontraproduktiven Anreiz für Betreiber neuerer Gaskraftwerke: Wenn diese aufgrund der gesunkenen Börsenstrompreise nicht mehr wirtschaftlich betrieben werden können, könnte es attraktiver sein, sie in die Reserve zu überführen. In diesem Fall würden die Betriebskosten vom Staat übernommen, wodurch die Belastung letztlich über die Netzentgelte wieder auf die Verbraucher umgelegt würde – ein „absurder Effekt“, so die Kritik des Energieversorgers.
Mit Blick auf den Kohleausstieg heißt es in dem Ergebnispapier, dass sich der Zeitplan zur Abschaltung weiterer Kohlekraftwerke danach richten müsse, "wie schnell es gelingt, steuerbare Gaskraftwerke tatsächlich zuzubauen. An den beschlossenen Ausstiegspfaden für die Braunkohleverstromung bis spätestens 2038 will die mögliche gemeinsame Koalition laut Ergebnispapier jedoch festhalten.
BEE fordert Verlässlichkeit und Planbarkeit für mehr Investitionen statt Neustart der Energiewende
Aus der Sicht des Bundesverbandes Erneuerbare Energien (BEE) weisen die Ergebnisse der AG Klima und Energie an vielen Stellen in die richtige Richtung. Die Absicherung der Investitionen in Erneuerbare Energien müsse aber durchgängig über alle Sektoren und Leistungsklassen hinweg gewährleistet und die Defossilierung konsequent und entlang der weiter geltenden Klimaziele vorangetrieben werden, fordert der BEE.
Kritisch an dem Papier sieht der Verband unter anderem die Forderung nach einem „Neustart der Energiewende“, zumal diese in den vergangenen Jahren über mehrere Sparten wieder deutlich an Schwung gewonnen hat. „Es braucht daher weniger einen Neustart als vielmehr Verlässlichkeit und Planbarkeit für weitere Milliardeninvestitionen in den Standort und eine heimische, sichere und bezahlbare Energieversorgung“, so die BEE-Präsidentin Dr. Simone Peter.
Vor diesem Hintergrund sieht der BEE auch die Ankündigung, das Heizungsgesetz abzuschaffen, äußerst kritisch. „Gerade angesichts der Tatsache, dass der Gebäudesektor noch immer seine Klimaziele deutlich verfehlt und die mittelständische Industrie massiv in die Herstellung Erneuerbarer Wärmetechnologien investiert hat, sind weitere Volten bei den Rahmenbedingungen für klimafreundliches Heizen der Sache nicht dienlich“, kritisiert Peter. Das Festhalten an der Wärmeförderung sei hingegen zu begrüßen. „Auch hier sind Anpassungen der Programme mit Maß vorzunehmen und an die realistischen Bedarfe für Haushalte und Netze anzupassen“, ergänzt Peter.
Zur Einhaltung der Klimaziele müsse laut BEE auch am Kohleausstieg bis zum Jahr 2030 festgehalten und der Bau von bis zu 20 Gigawatt an Gaskraftwerken bis 2030 zudem nach den Aspekten der System- und Netzdienlichkeit, Kosteneffizienz, Resilienz und EU-Beihilfegenehmigung überprüft werden. Das Bekenntnis zu Ausbau und Erweiterung der Wasserstoffnetze ist wichtig, Wasserstoff muss aber von Beginn an grün sein, um Standort- und Systemvorteile im Erneuerbaren Energiesystem voll zu nutzen.
CCS ist ausschließlich für nicht weiter defossilierbare Industrieprozesse anzuwenden. Die Prüfung des von Betreibern mehrfach ausgeschlossenen Weiterbetriebs der im Rückbau befindlichen Atomkraftwerke hält der BEE ebenfalls nicht für zielführend.
BWE: Bekenntnis zum EE-Ausbau schafft solide Basis für die kommenden Jahre
Auch der Bundesverband Windenergie (BEW) sieht eine positive Grundausrichtung in dem Papier. Das Bekenntnis zum Ausbau der Erneuerbaren Energien schaffe eine solide Basis für die kommenden Jahre. Auch die Zusage zu einer möglichst schnellen Umsetzung der europäischen RED III und NIS 2-Richtlinien werde ausdrücklich begrüßt, so der BWE.
An einigen Stellen sieht der Verband allerdings noch Interpretationsbedarf. “Zu klären wäre beispielsweise, wie der systemdienliche Ansatz beim Zusammenspiel von Erneuerbaren-Ausbau und systemdienlichem Netz- und Speicherausbau zu verstehen ist. Für uns steht fest, dass alles getan werden muss, die vorhandene Netzinfrastruktur besser auszulasten und Ertüchtigung sowie Neubau von Netzen zu beschleunigen. Dies muss eine klare Priorität bekommen”, so BWE-Präsidentin Bärbel Heidebroek.
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