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Prokon-Sanierungs-Poker: Genossenschafts-Lösung liegt gut im Rennen

Hamburg – Eigentlich sollten diejenigen Genussrechte-Inhaber des insolventen Windenergie-Projektierers und Betreibers Prokon, die für eine Genossenschafts-Lösung sind, ihre Zustimmungserklärung bis heute (26.06.2015) abgegeben haben. Wegen des Poststreiks wird diese Frist nun verlängert. Die Chancen dafür, dass tatsächlich über die Genossenschafts-Variante abgestimmt wird, stehen offenbar gut.

Der Insolvenzvertwalter Dr. Dietmar Penzlin sieht sich vorsorglich veranlasst, wegen des Poststreiks die Frist zur Rücksendung der Zustimmungserklärungen zu verlängern. Mit diesen Zustimmungserklärungen können die Genussrechtsinhaber verbindlich erklären, Mitglied der in eine Genossenschaft umzuwandelnden Prokon zu werden. Darüber wird die Gläubigerversammlung am 2. Juli aber nur dann abstimmen, wenn Zustimmungserklärungen in Höhe von nominal 660 Mio. Euro vorliegen.

36.000 Zustimmungen für Genossenschaftslösung sollten reichen
Penzlin erklärte hierzu: "Auch wenn mittlerweile rund 36.000 Zustimmungserklärungen eingegangen sind, die derzeit intensiv geprüft werden, erreichen uns täglich Anrufe von Genussrechtsinhabern, die mitteilen, wegen des Poststreiks die versandten Formulare noch nicht erhalten zu haben oder nachfragen, ob ihre Zustimmungserklärung eingegangen ist. Für diese Fälle habe ich eine Service-Hotline (04821/6855-380) eingerichtet und vorsorglich einen Versand der Dokumente über alternative Dienstleister organisiert." Insgesamt hatten bei Prokon 74.000 Anleger für die Finanzierung von regenerativen Projekten insgesamt 1,4 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt. Rein rechnerisch dürfte die Quote damit wohl erfüllt werden. Bei einem durchschnittlichen Investment von 20.000 Euro pro Anleger, ergibt sich eine Gesamtsumme von 720 Mio. Euro. Dass die Gläubigerversammlung über die Genossenschaftslösung abstimmen wird, gilt demnach als sehr wahrscheinlich.

Die wandlungsberechtigten Genussrechtsinhaber können nun bis zum 1. Juli 2015 (Posteingang bei Prokon oder beim Insolvenzverwalter) die Zustimmungserklärungen übersenden. Alternativ ist eine Übergabe ab Einlass bis zum Beginn der Gläubigerversammlung am 2. Juli 2015 in den Hamburger Messehallen möglich. Diese Fristverlängerung stehe im Einklang mit dem Ladungsbeschluss des Insolvenzgerichts vom 15. Mai 2015.

Insolvenzquote für Genossenschafts-Lösung sinkt geringfügig
Parallel zu der Änderung dieser Frist erfolgt auch eine teilweise Anpassung der im Insolvenzplan angegebenen Quoten. Hierzu erläutert Penzlin: "Die als Schätzung angegebene Wandlungsquote ist wegen aktueller Entwicklungen im finnischen Onshore-Windmarkt geringfügig anzupassen. Entsprechend erfolgt eine geringfügige Anpassung der sogenannten Abgeltungskomponente, die erst und insbesondere nach Realisierung der Darlehen, die im Zusammenhang mit rumänischen Wäldern und dem Palettenwerk in Torgau gewährt wurden, ausgezahlt werden kann."
Hintergrund der Anpassung der Wandlungsquote ist, dass bis Anfang Juni Windparkprojektierer in Finnland Förderanträge für Windparks gestellt haben, deren zu installierende Leistung das Fördervolumen von 2.500 Megawatt (MW, entspricht 2,5 Gigawatt (GW)) deutlich übersteigt. Dieser "Run" auf die Förderantragstellung wurde durch Äußerungen finnischer Regierungsvertreter über eine etwaige Beschränkung des Fördervolumens der Onshore-Windparks auf maximal 2.000 MW ausgelöst.
Penzlin hierzu: "Gemeinsam mit den Windenergie-Experten von PriceWaterhouseCoopers (PWC) habe ich eine umgehende Neubewertung veranlasst, die mir jetzt vorliegt. Unter Berücksichtigung der Ankündigung der finnischen Regierung für neue Fördergesetze der erneuerbaren Energien auch über das bisher zu fördernde Volumen von 2,5 GW hinaus habe ich mich - auch in Absprache mit dem zuständigen Genossenschaftsverband - entschieden, eine geringfügige Wertanpassung vorzunehmen."

Anpassung der Genossenschafts-Insolvenzquote um 1,1 Prozentpunkte
Die Wertanpassung führt zu einer Anpassung der Quote um 1,1 Prozent-Punkte, allerdings nur im Genossenschaftsfall, wie eine Sprecherin des Insolvenzverwalters gegenüber IWR Online ausdrücklich erklärte. "Auch wenn die voraussichtliche Wandlungsquote und die Abgeltungskomponente im Insolvenzplan ausdrücklich als reine Schätzquoten auf Grundlage der Sachverständigenbewertungen angegeben sind, halte ich aus Transparenzgründen eine Klarstellung im Rahmen der Planänderung für angezeigt; eine solche Planänderung ist in Anbetracht der oben dargestellten Fristenanpassung ohnehin erforderlich", führt Penzlin aus.
Auf der Prokon-Webseite sind drei mögliche Ausgänge des Verfahrens skizziert: Demnach kann Prokon eine Genossenschaft werden (Insolvenzquote: ca. 58,9 Prozent), die sich nun um 1,1 Prozent auf 57,8 Prozent mindert. Prokon kann daneben von EnBW übernommen werden (Insolvenzquote: ca. 52,2 Prozent) und Prokon könnte drittens zerschlagen werden (Insolvenzquote: ca. 48,5 Prozent). Die Gläubigerversammlung wird am 2. Juli 2015 in der Hamburger Messe darüber entscheiden, ob der Genossenschaftsplan oder der hilfsweise als Alternative vorgelegte Investoren-Insolvenzplan mit einem Einstieg von EnBW als Gesellschafter angenommen wird.

© IWR, 2015

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