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Forschungs-Verbund Windenergie entwickelt smarte Rotorblätter

Köln - Im Projekt Smartblades haben die Forscher des Forschungsverbundes Windenergie (FVWE) neue Ideen für intelligente Rotorblätter entwickelt, die sich dem Wind anpassen können. Zwei verschiedene Ansätze werden dabei verfolgt. In einem Folgeprojekt sollen Tests an bereits entworfenen Demonstrations-Rotorblättern durchgeführt werden.

Zum Abschluss des dreijährigen Projektes Smartblades, das vom Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) mit rund zwölf Millionen Euro gefördert wurde, haben die Wissenschaftler nun ihre Ergebnisse bei einer Konferenz in Stade vorgestellt. Ihre Bemühungen verfolgen das Ziel, die Windkraftanlagen auch bei hohen und lokal uneinheitlichen Windgeschwindigkeiten nicht abschalten zu müssen.

IWES, DLR, Forwind und Unis suchen anpassungsfähige Rotorblätter
Wissenschaftler des FVWE mit dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), dem Fraunhofer IWES und Forwind, dem Zentrum für Windenergieforschung der Universitäten Oldenburg, Hannover und Bremen haben im Projekt Smartblades die Wirkung der verschiedenen Technologien untersucht. Den Entwicklern und Betreibern von Anlagen bieten die Ergebnisse nun neues Know-how und Werkzeuge für effektivere, kosteneffizientere und zuverlässigere Rotorblätter.

Hintergrund dieser Forschungen ist, dass ein Rotorblatt einer Windenergieanlage inzwischen bis zu 85 Meter lang ist und die Windkraftanlagen in Höhen von über 200 Metern reichen. Das bedeutet, dass Rotorblätter aufgrund der ungleichmäßigen Windverteilung in Bodennähe und im oberen Teil der Anlage einer stark schwankenden Windlast ausgesetzt sind. Dies führt zu hohen Belastungen für das Material des Rotorblattes sowie zu erheblichen Herausforderungen bei der Regelung der Anlage. Um insbesondere bei stark böigem Wind eine Abschaltung zu vermeiden, haben die Fachleute nach Rotorblättern gesucht, die ihre Geometrie an die lokalen Windeinwirkungen anpassen können. Möglich wird dies durch aktive und passive Technologien, mit denen sich die einzelnen Rotorblätter auf die lokalen Windgegebenheiten einstellen können - sogenannte Smart Blades.

Anordnung der Glasfasern sorgt für lokale Rotorblatt-Biegung
Wenn sich ein Rotorblatt bei starkem Wind verdreht, so dass es dem Wind weniger Angriffsfläche bietet, sprechen die Wissenschaftler von einer Biege-Torsions-Kopplung. Diese Biegung wird allein durch die Kräfte des Windes hervorgerufen und daher sprechen die Experten von einem „passiven Mechanismus“. Zwei Ansätze werden dabei verfolgt. Zum einen wurde eine sichelförmige Geometrie untersucht, zum anderen eine besondere Struktur der materiellen Bauweise des Rotorblattes. Beim strukturellen Ansatz geht es darum, die Glasfasern, aus denen das Rotorblatt aufgebaut ist, so anzuordnen, dass sich das Rotorblatt bei unterschiedlichen Windgeschwindigkeiten verdreht und den Anstellwinkel somit lokal anpasst. "Die Vorteile der Mechanismen sind, dass die Blätter weniger massiv und damit leichter gebaut werden können. Beide Verfahren haben das Potenzial die Stromausbeute von Windenergieanlagen zu verbessern," beschreibt Alper Sevinc, Smartblades-Technologiekoordinator der biegetorsionsgekoppelten Rotorblätter vom Fraunhofer-Institut IWES.

Bewegliche Hinterkanten im Rotorblatt mit geringerem Wartungsaufwand verbunden
Ein anderer Ansatz, den die Wissenschaftler verfolgt haben, sind aktive Mechanismen, die die Hinterkanten eines Rotorblattes verändern, womit Anlagenbetreiber die aerodynamischen Belastungen an einem Rotorblatt steuern können. Untersucht haben die Wissenschaftler dabei in sich bewegliche (formvariable) Hinterkanten, und starre Hinterkantenklappen. Das Konzept kommt aus der Luftfahrt und lässt sich mit den Klappen an Tragflächen von Flugzeugen vergleichen. Die Untersuchungen ergaben, dass beide Verfahren die Last am Rotorblatt effektiv vermindern. Der Wartungsaufwand bei starren Hinterkantenklappen ist jedoch durch die auftretende Verschmutzung der beweglichen Teile so erheblich, dass die Vorteile von beweglichen Hinterkanten klar überwiegen. Perspektivisch ist auch für diesen Ansatz der Bau von Demonstrationsblättern geplant.

Vorflügel vor das Rotorblatt montieren

Die Wissenschaftler untersuchten auch, ob ein beweglicher Vorflügel an einem Rotorblatt die Effizienz von Windenergieanlagen unter stark schwankenden turbulenten Windbedingungen verbessern kann. Dieser Mechanismus erlaubt es, ein Rotorblatt in einem großen Windgeschwindigkeitsbereich optimal zu nutzen. "Der Vorteil liegt hierbei in der Reaktionsgeschwindigkeit der Bewegung des Vorflügels, die eine schnelle Beeinflussung der wirkenden aerodynamischen Kräfte bei turbulenten Einströmbedingungen ermöglicht", kommentiert Michael Hölling, Smartblades-Technologiekoordinator für Rotorblätter mit beweglichen Vorflügeln von Forwind, das Potential des adaptiven Vorflügels. Das Konzept des beweglichen Vorflügels wurde während des Projektes im Windkanal getestet und lieferte vielversprechende Ergebnisse für weitere Entwicklungen.
Zusätzlich haben die Forscher die Wirtschaftlichkeit der Technologieentwicklungen bewertet. In Simulationen haben sie alle Mechanismen mit einer State-of-the-Art-Referenzanlage mit einem 80 Meter langen Rotorblatt verglichen, mit dem Ergebnis, dass viele der untersuchten Mechanismen Rotorblätter in Zukunft besser machen können. In einem nächsten Schritt hoffen die Forscher, ihre Ergebnisse an Full-Scale-Rotorblättern testen zu können.

© IWR, 2016

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04.02.2016

 



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