Windenergie-Boom in Polen durch 10H-Abstandsregelung bedroht
Warschau – Die Windenergie-Industrie sorgt sich um die weitere Marktentwicklung im Onshore-Markt Polen. Der im Jahr 2015 nach Deutschland zweitwichtigste Markt in Europa droht abgewürgt zu werden, weil die Regierung in Warschau restriktivere Regeln für neue Windparks plant. Die sogenannte 10H-Regelung, die auch in Deutschland bereits heftige Diskussionen ausgelöst hatte, steht nun in Polen zur Debatte.
Derzeit findet in Polen die WindPower Poland 2016 statt. Organsiert von der Polish Wind Energy Association (PWEA) und unterstützt von der European Wind Energy Association(EWEA) stehen dort die neuen Pläne der polnischen Regierung im Windenergie-Sektor im Fokus. Auch die Windkraftanlagen-Hersteller Vestas aus Dänemark und GE aus den USA melden sich zu Wort.
EWEA-CEO: 10H würgt neue Projekte ab
In Polen wurden im Jahr 2015 neue Windparks mit einer Leistung von 1.266 Megawatt installiert. Das bedeutet nach den Zahlen des Global Wind Energy Council (GWEC) ein Marktwachstum um rund ein Drittel und Platz zwei in Europa hinter Deutschland mit 6.013 MW (On- und Offshore). Doch nun will Polen offenbar deutlich restriktivere Regeln bei der Standortauswahl für neue Windparks einführen. Im Kern steht eine neue Abstandsregel, die als Mindestabstand einer Windenergieanlage zu Wohnhäusern und anderen Gebäuden sowie Naturreservaten von mindestens dem Zehnfachen der Anlagenhöhe vorsieht. Damit kommen laut EWEA schnell Mindestabstände von 1,5 Kilometern und mehr zustande. Aus Sicht von EWEA-CEO Giles Dickson ist dieser Gesetzentwurf ein klares Statement der Regierung in Polen. Man sei sehr besorgt. Es würde laut Dickson neue Projekte abwürgen.
Vestas und GE fordern stabile Rahmenbedingung und wollen reden
Auch die Vertreter von Vestas und GE, die beide schon zahlreiche Projekte in Polen realisiert haben, zeigten sich besorgt, suchen ab er den Dialog. Für Klaus Steen Mortensen, den Präsidenten von Vestas Northern Europe wäre es gut, wenn die Politik ein Signal für den Sektor senden würde, der für Investitionen in Höhe von 32 Mrd. polnische Zloty (etwa 7,4 Mrd. Euro) gesorgt habe und das polnische Energiesystem nachhaltig stärken werde. Man sei besorgt, aber zum Dialog bereit. Ein Blick auf andere Märkte sei hilfreich, so Mortensen. In Dänemark sei aus der 10H eine 4H-Regel geworden und die Bevölkerungsdichte sei sogar noch etwas höher als in Polen.
Cliff Harris, General Manager bei GE Renewable Energy in der Region EMEA pflichtete seinem Kollegen bei. Polen sei der zweitstärkste europäische Markt in 2015 gewesen. Um diesen Schwung weiter zu nutzen, bräuchten die Investoren im Energiesektor nun stabile politische Rahmenbedingungen und langfristige Ziele.
Die Aktien der europäischen Windenergieanlagen-Hersteller Nordex (-2,9 Prozent, 26,45 Euro), Gamesa (-2,4 Prozent, 16,50 Euro) und Vestas (-2,2 Prozent, 59,85 Euro) geben im heutigen Handel nach (jeweils: Stand 14:44 Uhr, Börse Stuttgart).
© IWR, 2016
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