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Neue Bundesregierung will Kernfusion statt Atomkraftwerke – kein Wort zur Atomenergie im Koalitionsvertrag

© Achim Melde© Achim MeldeBerlin – Im letzten Wahlkampf hat die Union die Ampel massiv für die Stilllegung der letzten drei Atomkraftwerke in Deutschland kritisiert und eine Rückkehr zur Kernenergie angekündigt. Nach der Wahl steht im Koalitionsvertrag nunmehr allerdings kein einziges Wort mehr zum Thema Atomenergie. Stattdessen rückt die weit in der Zukunft liegende Nutzung der Kernfusion in den Fokus.

Die schwarz-rote Koalition plant nach dem aktuellen Koalitionsvertrag keine Rückkehr zur Atomkraft in Deutschland. Auch die vorher angekündigte Überprüfung und Bestandsaufnahme der zuletzt abgeschalteten Kernkraftwerke ist offenbar vom Tisch. Stattdessen wird der Ausbau der erneuerbaren Energien weiter forciert und die Kernfusion soll das Energieproblem der Zukunft lösen.

Atomkraftwerke: Union und SPD wollen nicht zur Atomenergie in Deutschland zurück
Von den 17 Atomkraftwerken, die im Jahr 2010 in Deutschland noch in Betrieb waren, wurden unter Beteiligung von CDU/CSU Bundesregierungen insgesamt 14 Kernkraftwerke bis Ende 2021 abgeschaltet. Vor allem die Abschaltung der letzten drei Atomkraftwerke durch die Ampel sorgte dann aber regelmäßig für Kritik in Deutschland.

Eine Begründung für die Nichtberücksichtigung der Atomenergie liefern die Koalitionsparteien bisher nicht. Die Gründe dürften vielfältig sein, waren aber alle im Vorfeld der Wahlen schon lange bekannt. Das hohe Alter und die hohen Kosten einer Reaktivierung der Alt-Atomkraftwerke wären nur eine der zahlreichen Herausforderungen. Die zuletzt abgeschalteten Atomkraftwerke Emsland (1985), Isar II (1988) und Neckarwestheim 2 (1989) sind bereits 35 Jahre alt und haben die ausgelegte Betriebszeit bereits überschritten. Zudem ist der Rückbau der alten Kernkraftwerke bereits im Gange, das Atomgesetz müsste wieder aufgemacht werden und der dann zusätzlich anfallende Atommmüll neu geregelt werden.

Energiewirtschaft steht für neue Atomkraftwerke nicht zur Verfügung – kein Preissenkungseffekt durch Atomenergie
Des Weiteren steht die Energiewirtschaft als Betreiber der alten und zu reaktivierenden Atomkraftwerke nicht zur Verfügung. So hatte der RWE-Chef Markus Krebber wiederholt die Rückkehr zur Atomkraft abgelehnt. Auch der Energieversorger EnBW hatte die Wiederinbetriebnahme seiner stillgelegten Atomkraftwerke ausgeschlossen und den Bau neuer Reaktoren als unrealistisch eingestuft. Eon-Chef Leonhard Birnbaum wiederum meint in einem Interview mit dem Handelsblatt, dass es in Deutschland kein privates Unternehmen gibt, das Geld in neue Kernkraftwerke investieren würde.

Auch ein Preissenkungseffekt ist mit dem Ausbau der Kernenergie nicht zu erwarten. In der Öffentlichkeit herrscht oft die falsche Einschätzung vor, dass allein ein höheres Strom-Mengenangebot zu niedrigen Strompreisen führt. Tatsächlich funktioniert die Bildung der Strompreise an der Börse auf der Grundlage des eingesetzten Grenzkostenmodells (Merit Order) anders.

Alle eingesetzten Kraftwerke werden bei der stündlichen Versteigerung nach ihren Kosten von niedrig bis hoch aufgestellt. Der höchste Preis des letzten Kraftwerks, das noch in die Auktion rutscht, bestimmt den Preis auch für alle anderen Kraftwerke. Dieser „Abräumpreis“ wird aktuell in der Regel vor allem durch den Gaspreis und damit durch die Gaskraftwerke bestimmt. Billigere Kraftwerke spielen dann keine Rolle und senken auch nicht den Strompreis. Die extrem hohen Gaspreise - und nicht ein Strommengenproblem - waren nach dem Einmarsch Russlands in die Ukraine ein wesentlicher Treiber für die danach explodierenden Strompreise und in der Folge der rasante Anstieg der Inflation.

Fusionsreaktor: Zeitpläne der Politik völlig unrealistisch
Die Koalition setzt laut Koalitionsvertrag auf die Nutzung der Kernfusion. Danach soll der erste Fusionsreaktor in Deutschland gebaut werden, die Regulierung außerhalb des Atomrechts erfolgen. Der bayerische Wissenschaftsminister Markus Blume (CSU) nennt Anfang 2025 einen Zeitraum von 10 bis 15 Jahren zur Realisierung dieser Technologie. Fachexperten wie Dr. Reinhard Grünwald vom Institut für Technikfolgenabschätzung und Systemanalyse (ITAS) halten diesen Zeitraum für unrealistisch.

Danach brauche es noch mindestens 20 Jahre, bis überhaupt ein erster Demonstrationsreaktor mit einem geschlossenen Tritium-Kreislauf zur Verfügung steht. Anschließend müsste der Bau eines Kraftwerks erfolgen, das auch Strom erzeugt. Dafür braucht man laut Grünwald noch einmal 20 Jahre.

Die im Bau befindliche Fusionsanlage ITER (Tokamak-Prinzip) ist eine reine Forschungsanlage, die nicht als Demonstrationsreaktor ausgelegt ist. Die Fertigstellung der ITER-Forschungsanlage für den Testbetrieb wurde erst im letzten Jahr 2024 auf das Jahr 2034 (statt 2025) erneut nach hinten verschoben.

Bei der Kernfusion werden Wasserstoff-Atomkerne zu Helium verschmolzen. Dabei werden enorme Mengen an Energie freigesetzt. Dieser Prozess läuft auf der Sonne ab. Die Herausforderungen sind vielfältig und reichen wegen der enormen Zünd- und Brenntemperatur von 100 Mio. Grad Celsius von Materialfragen für die Wände der Reaktoren bis zur Erzeugung und Handling des radioaktiven Tritiums.

© IWR, 2025


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