Agora-Studie: Elektroautos, Wärmepumpen und Heimspeicher machen Stromsystem zukünftig flexibler
© Adobe Stock / FotoliaBerlin - Durch Elektrofahrzeuge, Wärmepumpen und Heimspeicher können Haushalte in Deutschland 2035 rund 100 Terawattstunden (TWh) Strom zeitlich flexibel nutzen. Das zeigt eine aktuelle Studie von Agora Energiewende.
Diese flexible Last entspricht laut Agora mehr als 10 Prozent des Gesamtstromverbrauchs in Deutschland im Jahr 2035 und etwa der Hälfte des künftigen Stromverbrauchs von Haushalten. Allein E-Autos könnten mehr als 60 TWh verschiebbare Last bzw. Rückeinspeisung ins Netz bereitstellen.
Die Autoren der Studie gehen dabei davon aus, dass etwa die Hälfte der Haushalte die Flexibilität ihrer E-Pkw, Wärmepumpen und Heimspeicher auch nutzt, wenn entsprechende Preisanreize vorhanden sind. Wird dieses Potenzial ausgeschöpft, könnten 2035 rund 4,8 Mrd. Euro an Brennstoff- und Investitionskosten eingespart werden, die sonst für Wasserstoffkraftwerke und Großbatterien benötigt würden. Diese Einsparungen sorgen wiederum für sinkende Stromkosten auf Seiten der Verbraucher.
Um das große Potenzial der Lastverschiebung in Haushalten zu heben, sind allerdings neue dynamische Tarifmodelle erforderlich, die etwa das Laden von E-Autos sowohl am Erneuerbaren Stromangebot als auch an der Netzauslastung ausrichten. Ohne solche differenzierten Preissignale könnte die wachsende Zahl der stromintensiven Technologien in Haushalten zu höheren Belastungsspitzen im Netz führen.
Agora Energiewende schlägt daher ein Tarifmodell vor, das beide Ziele verbindet: Auf der einen Seite sollen dynamische Strompreise dafür sorgen, dass die günstigeren Flexibilitätsoptionen von Haushalten durch E-Autos, Wärmepumpen und Heimspeicher zuerst zum Einsatz kommen, bevor wesentlich kostspieligere Wasserstoffkraftwerke anlaufen. Auf diese Weise treten weniger Stunden mit sehr hohen Börsenstrompreisen auf und die durchschnittlichen Stromkosten für alle Verbraucher sinken.
Auf der anderen Seite beugen dynamische Netzentgelte, die die aktuelle Netzauslastung abbilden, lokalen Überlastungen im Stromnetz vor. Bei zunehmender Auslastung steigen die Netzentgelte und verhindern so, dass zu viele Verbraucher gleichzeitig ihren Strombezug erhöhen. Aus der Modellierung, die die Forschungsstelle für Energiewirtschaft im Auftrag von Agora Energiewende durchgeführt hat, wird deutlich, dass dadurch weniger Lastspitzen und in der Folge weniger Kosten für den Netzausbau anfallen.
Ausgehend von der Studie kann ein Vier-Personen-Haushalt mit Wärmepumpe perspektivisch rund 600 Euro im Jahr sparen, da flexible Stromkunden können ihren Verbrauch, in der Regel automatisiert, besser an Zeiten mit niedrigen Preisen ausrichten können. Auch alle anderen Kunden zahlen weniger und sparen durchschnittlich 1 Cent je Kilowattstunde, was bei einem Vier-Personen-Haushalt inklusive Mehrwertsteuer rund 42 Euro Ersparnis jährlich bedeutet. Zusätzlich profitieren alle von niedrigeren Netzausbaukosten und besser ausgelasteten Netzen, so Agora.
„In anderen europäischen Ländern sind zeitvariable Netzentgelte längst Realität. Die Bundesnetzagentur und Verteilnetzbetreiber sollten hieran anknüpfen und dynamische Netzentgelte in Deutschland ermöglichen. Das ist ein wichtiger Beitrag zur kostengünstigen Integration von Erneuerbaren Energien“, so Simon Müller, Direktor von Agora Energiewende Deutschland mit Blick auf die Studienergebnisse.
© IWR, 2024
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